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Ausflug in die Pariser Unterwelt

Es ist nicht jedem bekannt, aber im Untergrund von Paris befinden sich unzählige Konstruktionen und unterirdische Einrichtungen. Dazu gehören natürlich die Metro, die Abwasserleitungen, die Infrastrukturkanäle und die ehemaligen Luftschutzräume, aber auch ein unglaubliches Stollennetz* von mehreren Hundert Metern Länge, wo bereits Steine abgebaut wurden, als Paris noch Lutetia hieß. Für die Erfassung, Überwachung und Instandhaltung dieser Bereiche ist die Generalinspektion der Steinbrüche - Inspection Générale des Carrières – der Stadt Paris zuständig. Um mehr über ihre Tätigkeit zu erfahren, haben wir mit Jules Querleux gesprochen, einem der Ingenieure, die den Großteil des Tages unter der Erde verbringen.

7 Februar 2018

Zugang mit Seil und Beengte Räume

 

Generalinspektion der Steinbrüche

Die Generalinspektion der Steinbrüche  - Inspection Générale des Carrières - ist eine Institution der Stadt Paris. Sie wurde 1777 nach einer Serie von Einstürzen ins Leben gerufen und ist für das Risikomanagement hinsichtlich der Erdrutschgefahr in Paris sowie in mehreren Kommunen der Petite Couronne verantwortlich. Konkret gesagt befasst sich die Generalinspektion der Steinbrüche mit der Kartierung, der Durchführung geotechnischer, geologischer, hydrogeologischer und geophysikalischer Untersuchungen sowie mit der Messung des Grundwasserspiegels, um der Gefahr eines Einsturzes vorzubeugen und das Überschwemmungsrisiko zu reduzieren. Die Überwachung der Gänge ist von zentraler Bedeutung. Außerdem befasst sie sich mit der Information und Vorschriften für Planungs- und Bauvorhaben in Gefahrenzonen. Weiterhin wurde ihr von der Stadt Paris die Verantwortung für die Bodenkonsolidierung übertragen.
Die Generalinspektion der Steinbrüche besteht aus etwa sechzig Personen, die in drei Bereiche aufgeteilt sind: eine Verwaltungsabteilung, eine für die Umsetzung der Präventivmaßnahmen zuständige Abteilung, eine für die Durchführung von Bodenuntersuchungen und die Bodenkonsolidierung im öffentlichen Raum zuständige Abteilung sowie die Abteilung Inspektion, Kartografie, Forschung und Untersuchungen, der Jules Querleux angehört. Sie ist verantwortlich für die Kartierung, nimmt an Risikountersuchungen teil und ist für die Kontrollbesichtigungen und die Instandhaltung der Gänge verantwortlich. Das Team besteht aus 5 Ingenieuren, 3 Kartografen, 10 Einsatzkräften, 1 Brigadeleiter und 1 Kulturbeauftragten.

 

Hunderte Kilometer Gänge

 „Wir legen jährlich mehrere Hundert Kilometer begehbarer Gänge im Untergrund von Paris zurück. Es gibt aber noch viel mehr. Es handelt sich hier um ehemalige Kalksteinbrüche aus der Zeit von Lutetia. Besonders betroffen ist der Süden der Hauptstadt: das 5., 6. 12, 13., 14., 15. und 16. Arrondissement. Der Untergrund des nördlichen Paris ist ebenfalls von Hohlräumen durchzogen, aber hier handelt es sich um den Gipsstein des Ludien, der früher zur Herstellung von Baugips verwendet wurde. Die einsturzgefährdeten Gipsbrüche können leider nicht besichtigt werden", so Jules Querleux.

 

Arbeiten in den Höhlen von Paris

Es befinden sich immer mindestens 3 Personen unter der Erde. Die Instandhaltungsarbeiten werden je nach Art und Umfang entweder direkt von der Generalinspektion oder von Fachbetrieben durchgeführt. Ein wesentlicher Teil der Einsätze ist der Überwachung und Analyse der Risiken gewidmet. “Wir überwachen das Grundwasser und die Einsturzgefahr engmaschig, so dass wir in der Lage sind Hochwassergefahrenkarten für den Untergrund zu erstellen. Die Gänge liegen in durchschnittlich 15 bis 20 Meter Tiefe. Der Zugang erfolgt von der Straße mithilfe von Leitern oder einer Winde. Jeder von uns ist mit geeigneter Kleidung, Stiefeln, Handschuhen, einem Helm, einer Lampe und Overknees oder Wathosen für überflutete Bereiche und einem Gurt zum Absteigen ausgerüstet."

Heutzutage erfolgt der Zugang zu den Gängen überwiegend freihängend an einer Winde oder mit einem Auffangsystem. Als Freizeit-Speläologe kann sich Jules Querleux jedoch gut vorstellen, dass in gewissen Fällen (z.B. wenn das Aufstellen einer Winde schwierig ist) eine Ausbildung zum Seilzugangstechniker und eine entsprechende Ausrüstung eine geeignete Lösung für den Pariser Untergrund sein könnte.

Aktuell führt die Generalinspektion der Steinbrüche 5 bis 10 Einsätze pro Woche durch. Ihre Tätigkeit ist heute noch immer von großer Bedeutung. “Wir werden sehr oft angefordert und das wird in Zukunft angesichts der Arbeiten im Großraum Paris, die erhebliche Auswirkungen auf das Stollennetz haben, mehr und mehr der Fall sein. Stell dir einmal vor, wie die Tunnelbohrmaschinen mit ihren großen Durchmessern unter stark besiedelten Gebieten in den Pariser Untergrund eindringen...“ Jules Querleux und seine Kollegen werden also auch weiterhin viel in den Tiefen von Lutetia unterwegs sein!

*In diesem Stollennetz befindet sich das berühmte Museum der Katakomben von Paris.

 

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