Tipps zur Höhenanpassung von Kilian Jornet
Kilian Jornet verbringt seine Zeit meist beim Traillaufen und Skitourengehen. Eine weitere Leidenschaft dieses Top-Athleten ist aber auch das Höhenbergsteigen. In diesem Artikel erfährst du, welche Methoden er nutzt, um seinen Körper an die Höhe zu gewöhnen.
1 Februar 2016
Bergsteigen
Warum sollte man den Körper akklimatisieren?
Körperliche Belastungen sind in der Höhe besonders anstrengend, da unser Körper stets nach Sauerstoff hungert. Entgegen einer anscheinend verbreiteten Meinung, verändert sich der Sauerstoffanteil in der Luft jedoch nicht signifikant in Abhängigkeit von der Höhe. In Wirklichkeit hat das alles etwas mit dem Luftdruck zu tun.
Je höher man sich über dem Meeresspiegel befindet, umso niedriger wird der Luftdruck (die Luft ist "dünner"). Der Luftdruck wiederum bestimmt die Dichte der Luft: je höher man geht, desto weniger Luft ist dort zum Atmen vorhanden. Auch wenn sich der Sauerstoffanteil in der Luft nicht verändert, so nimmt die Anzahl an Sauerstoffmolekülen, die zur Atmung zur Verfügung stehen, ab je höher man steigt.
Sauerstoff fungiert als Treibstoff für unsere Muskeln bei allen aeroben Aktivitäten (Ausdauersport). Und wenn wir weniger Sauerstoff atmen, haben unsere Muskeln weniger Treibstoff und fühlen sich müder und träger an als normal.
Um diesen Sauerstoffmangel auszugleichen, passt sicher der Körper auf verschiedene Weisen an:
- Wenn wir in eine ungewohnte Höhe aufsteigen, nimmt unsere Atemfrequenz zu. Dies führt wiederum dazu, dass unser Körper mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) produziert, was zu einem Anstieg des Säureanteils im Körper führt. Die Nieren regulieren den Abtransport dieser Säure. Um Nierenprobleme zu vermeiden und die Nieren bei ihrer Arbeit, dem Ausgleich des CO2 Levels, zu unterstützen, ist es wichtig ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen (man muss in Wahrheit sehr, sehr viel trinken) und warme, feuchte Luft zu atmen. Wenn man nicht mehr urinieren kann, hat man ein Nierenproblem.
- Nach 24 Stunden in der Höhe beginnt der Körper die EPO Produktion zu steigern. Durch die vermehrte Anzahl roter Blutkörperchen kann mehr Sauerstoff transportiert werden. Die Bildung neuer roter Blutkörperchen nennt man Blutakklimatisation.
- Nach 7 Tagen sieht man einen Anstieg des Hämatokrit und die Effekte der Blutakklimatisation.
- Nach 3 Wochen/400 Stunden hat sich unser Körper endgültig an die neue Höhe angepasst.
Wichtig zu verstehen ist, dass die Sauerstoffsättigung im Schlaf zurück geht, da wir weniger atmen und der Körper sich in einem Ruhezustand befindet. Und in der Höhe reagiert der Körper auf dieses Phänomen sehr stark. Es dauert drei bis fünf Stunden nach dem Aufwachen, bis der Körper das Level der normalen Sauerstoffsättigung wieder erreicht. Während dieser Zeit sind körperliche Aktivitäten besonders anstrengend. Wenn man sich in der Akklimatisationsphase befindet, erholt man sich also am besten indem man sich in wachem Zustand ausruht.
Bevor es noch höher geht:
Der Körper erinnert sich daran wie er sich am besten anpasst. Das heißt, wenn man schon mal einige Zeit in höheren Lagen verbracht hat, verfügt der Körper bereits über Mechanismen, um sich schneller und effizienter zu akklimatisieren. Erfahrungen in der Höhe, egal ob klein oder groß, bedeuten jedoch nicht, dass man keine Probleme bei der Akklimatisation haben wird. Jedes Mal, wenn man sich in eine neue Höhe begibt, muss sich der Körper anpassen. Und jeder wird früher oder später mit Problemen konfrontiert werden (Höhenkrankheit, in manchen Fällen auch Ödeme).
Die Höhe, in der man normalerweise lebt und trainiert, ist ebenfalls ein entscheidender Faktor:
Man kann das als "Vorakklimatisation" verstehen. Wenn man beispielsweise ein paar Monate auf einer Höhe von 4000 Metern trainiert, kann man gut auf 5000 Meter aufsteigen und einen 6000er Gipfel in einer relativ kurzen Zeit besteigen. Lebt man hingegen auf Meereshöhe, dauert die Akklimatisation deutlich länger und verläuft Stufenweise. Als allgemeine Regel kann man sagen, dass man inetwa in der Lage ist 1000 Höhenmeter über sein gewohntes Umfeld aufzusteigen, ohne sich dafür akklimatisieren zu müssen.
Jemand der gut trainiert ist, mit einer soliden aeroben Ausdauer, sollte die ersten Stufen der Akklimatisation gut überstehen. Fit zu sein bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Akklimatisation einfacher und schneller geht.
Warum ist anaerobes Training von Vorteil?
Anaerobe Workouts sind sehr zielführend, bevor man sich in größere Höhen begibt. In der Höhe sind die meisten von uns in der Lage, sich bei normaler Geschwindigkeit (langsam) fortzubewegen, aber sobald man die Schlagzahl erhöht oder eine kurze anaerobe Leistung bringen muss (z.B. einen Sprint), ist es danach viel schwieriger sich zu erholen. Für unseren Körper ist es schwer, die Milchsäure in der Höhe abzubauen, daher fühlt sich die Muskulatur träge an. Aus diesem Grund ist ein anaerobes Training von Vorteil, denn es trägt dazu bei, dass der Körper die Milchsäure besser abbauen kann und die anaerobe Schwelle dadurch steigt.
Als anaerobes Training eignen sich z.B. Intervalltraining oder Bergläufe.
Aufbruch in große Höhen
Von einer Höhe, in der wir uns wohlfühlen, müssen 1000-2000 Höhenmeter aufsteigen, um den Akklimatisationsmechanismus des Körpers auszulösen.
Wenn man zum Beispiel auf Meereshöhe lebt und den 4180m hohen Mont Blanc besteigen möchte, sollte man folgendermaßen vorgehen:
- Zwei Tage sollte man auf 3000m verbringen, die Nächte jedoch auf 2000m
- Dann klettert man an den nächsten ein bis zwei Tagen auf bis zu 4000m und schläft auf 3000m
Wenn man sich in diesen Höhen wohlfühlt, sollte man in der sein, den Gipfel zu erreichen, der ca. 1000m oberhalb des letzten, höchsten Punkts liegt.
Die Gefahr der Höhenkrankheit
Beim Höhenbergsteigen sollte man stets die Gefahr der Höhenkrankheit (AMS) im Kopf haben. Hier gilt als Faustregel: Wenn du dich nicht wohlfühlst, liegt es fast immer an der Höhe!
AMS (Acute Mountain Sickness, verbreitet bekannt als Höhenkrankheit)
- Kopfschmerzen - 1 Punkt
- Übelkeit - 1 Punkt
- Appetitlosigkeit - 1 Punkt
- Brechreiz - 2 Punkte
- Anhaltende Kopfschmerzen - 2 Punkte
- Extreme Müdigkeit (nicht die normale Müdigkeit) - 3 Punkte
- Urinieren nicht mehr möglich - 3 Punkte
Wenn eines oder mehrere dieser Symptome auftreten und zusammen mindestens 6 Punkte ergeben, leidet man an AMS und sollte sofort absteigen. Weiterzumachen würde einen dem Risiko eines Lungen- oder Hirnödem aussetzen oder sogar zum Tod führen.
Bereite dich daher rechtzeitig vor, trainiere und passe dich an die Höhe an, um sicher die Schönheit der Berge genießen zu können.
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